Mehr als Fachkräftesicherung: MINT als Schlüssel für Demokratie und Vielfalt

Beim EdTech Austria Summit am Montag, 2. Juni 2025, wurde MINT-Bildung nicht nur als Reaktion auf den Fachkräftemangel diskutiert, sondern als gesellschaftlicher Hebel: für Selbstwirksamkeit, demokratische Teilhabe und echte Chancengleichheit.


03.06.2025


MINT als Werkstatt der Demokratie

In ihrem Vortrag „Mehr als Technik: MINT als Werkstatt der Demokratie“ machte Stephanie Kowitz-Harms, Geschäftsführende Vorständin der Stiftung Bürgermut (im Bild), deutlich: MINT-Bildung vermittelt weit mehr als technisches Wissen. Sie schult junge Menschen im kritischen Denken, im Umgang mit Unsicherheit und im Perspektivwechsel – alles Fähigkeiten, die demokratische Gesellschaften dringend brauchen.

Experimente, Gruppenarbeit und Scheitern sind dabei keine Nebeneffekte, sondern zentral: Wer ausprobiert und Fehler macht, lernt auch, mit Komplexität und Vielfalt umzugehen.

Ein Beispiel ist die senseBox, mit der Schüler:innen Umweltdaten wie Feinstaub rund um ihre Schule messen und auswerten. Wird daraus etwa eine lokal durchgesetzte Tempo-30-Zone, entsteht echte Selbstwirksamkeit. „Das ist Empowerment“, so das Fazit von Kowitz-Harms.

Gerade bei Mädchen sei das wichtig im Hinblick auf MINT: Nicht das Können fehle, sondern oft das Zutrauen. Monoedukative Angebote wie Mädchenschulen, gezielte Ansprache durch engagierte Lehrkräfte oder rein weibliche Studiengänge im MINT-Bereich – wie in Berlin ein Informatikstudium – helfen, Barrieren zu senken und Teilhabe zu fördern.

 

Vielfalt sichtbar machen: MINT braucht neue Wege

Im Vortrag „Aufsuchen statt ausschließen: Diversität MINT-praktisch denken“ zeigten Chrissoula Tolidou (zdi-Zentrum KReMINTec) und Ikram El Moussaoui (MINT in Mind), wie gezielte Ansätze mehr Jugendliche in MINT-Angebote holen – besonders jene, die sonst kaum erreicht werden.

Diversität, so betonten die Vortragenden, bedeutet mehr als Repräsentation. Sie steht für verschiedenes Denken, neue Perspektiven – und damit für mehr Innovation. Doch viele Jugendliche aus benachteiligten Kontexten stoßen auf strukturelle Hürden. Das betrifft insbesondere sogenannte „easy-to-ignore“-Gruppen, etwa aus Haupt- oder Förderschulen.

Die Lösung: aufsuchende Ansätze, ähnlich der Sozialarbeit. Statt auf Anmeldung und Schulkooperationen zu warten, gehen erfolgreiche Projekte dorthin, wo junge Menschen sind – in Jugendtreffs, Sportvereine, religiöse Gemeinden oder Einkaufszentren. Mit persönlicher Ansprache, Vertrauen und kreativ-niederschwelligen Formaten entstehen neue Zugänge.

 

MINT unterjubeln? Warum nicht.

Erfolgsbeispiele sind Cosplay-Workshops, bei denen Jugendliche mit verschiedenen Techniken Kostüme aus Comics oder Computerspiele nachbauen. Workshops unter einem Harry-Potter-Motto, bei denen beispielsweise LED-Zauberstäbe hergestellt werden, haben besonders hohe Mädchenanteile und bringen sie so beiläufig mit Technik und Elektronik in Kontakt. Auch die Art des Einstiegs zählt. Technik vor Informatik, lautet die Empfehlung: Erst greifbare Erfahrungen, bevor es an komplexe Programmiersprachen geht. Der Zugang soll niedrigschwellig sein – die Begeisterung kommt dann oft von allein.

 

Empowerment als Grundlage für Teilhabe

Beide Vorträge machten klar: Wenn junge Menschen erleben, dass sie etwas verändern können, wächst ihr Vertrauen – in sich selbst und in die Gesellschaft. Empowerment ist deshalb nicht das „Nice-to-have“, sondern der Kern zeitgemäßer MINT-Bildung.

 

Fotos: Innovation Salzburg/Benedikt Schemmer

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